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Jeden Idioten zu einem Schatz machen...

Nicht schnell genug zu arbeiten, nicht gut genug zu sein, vergessen den Müll herunterzubringen, zu viele Chips gegessen, zu wenig Obst gegessen, keine Wäsche gewaschen, den Vortrag nicht sofort fertig bekommen, zu viel geredet, zu wenig gedacht, zu lange gebraucht, zu schlecht geschminkt, zu dick geworden, zu schüchtern verhalten, zu blöd benommen, nicht staubgesaugt, Haare liegen schlecht…


1.000 schlechte Gründe!

Es gibt 1.000 Gründe, weswegen wir uns täglich - im Großen und im Kleinen - niedermachen, schlecht fühlen, vergleichen und nicht leiden können. Und plötzlich sind wir in einer Schleife voller Selbstzweifel und machen uns klein. Weil wir den Müll nicht rausgebracht haben? Weil wir uns vermeintlich daneben benommen haben? Weil andere angeblich besser oder schöner sind als wir? Bessere Mütter, Ehemänner, Geliebte, Arbeitnehmerinnen, Köche – what ever?

Uns immer mit anderen zu vergleichen wird uns (leider) oft schon früh beigebracht. Sich wegen vieler Sachen klein zu fühlen ist dann häufig die Folge. Warum sind wir schlechtere Menschen, nur weil wir vergessen Milch einzukaufen? Oder eine Arbeit nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt fertig bekommen? Oder mal keinen Job haben? Ich habe eine Zeit lang Deutsch für MigrantInnen unterrichtet. Die waren ganz oft beschämt und traurig, weil sie – als Erwachsene – einfach nicht mehr so schnell gelernt haben. Und zudem ist Deutsch eine wirklich schwere Sprache. Ich habe dann immer gesagt: „Sie können so viel, Sie haben unfassbar viel geschafft in ihrem Leben, Sie sind wunderbare Menschen, Sie haben bis hierher überlebt. Sie können nur nicht gut Deutsch. Das ist alles! Seien Sie nicht so hart zu sich.“ Meistens ging dann ein freudiges Lächeln über ihre Lippen. In der nächsten Stunde, waren sie aber wieder fleißig dabei, sich klein zu machen.


Positiv Denken hilft nicht!

Irgendwie absurd, oder? Wir sind so unendlich vielfältige und großartige Wesen und haben oft nichts Besseres zu tun, als uns zu beschimpfen. Doch einmal an dem Punkt angelangt, ist es schwierig aus der Selbstbeschimpfung wieder herauszukommen. Es gibt immer wieder Tipps, wie man solche Gedanken stoppen und ins Positive umdrehen kann. Es ist, toll wenn man achtsamer wird dadurch und zunächst erstmal ein Bewusstsein dafür entwickelt, wie oft man sich selbst klein macht. Keine Frage.

Dennoch glaube ich, dass es nicht viel hilft. Warum? Weil wir uns sowieso nicht glauben können, wenn wir uns einzureden versuchen, dass wir doch eigentlich tolle, wunderbare Menschen sind die jetzt einfach mal die Wäsche vergessen haben …

Wir stecken ja so im Problem, da hilft keine „Ich bin wunderbar“ – Affirmation und nicht das Durchlesen der „Meine Top-Eigenschaften“-Liste. Schließlich haben wir ja grad zwei Stunden faul auf dem Sofa gelegen, das hat ja nichts mit unseren spitzen Kommunikationsfähigkeiten oder unserem großen Herzen zu tun.


Die Liebe unseres Lebens

Viele von uns können nicht gut mit uns alleine sein. Ich glaube, dass es eben auch daran liegt, dass wir dann zu sehr darüber nachgrübeln, was wir alles falsch, schlecht oder gar nicht machen in unserem Leben. Anstatt mal hinzuhören, was gut ist. Was toll ist, was spitze ist. Und ehrlich gesagt: Natürlich fahren wir ungern mit einem Menschen in den Urlaub, der uns die meiste Zeit nervt und der es uns doch nicht Recht machen kann. Wir können es uns nicht recht machen, wir nerven uns, wir spiegeln uns unsere Unzulänglichkeiten. Permanent. Dann doch lieber ablenken. Durch Sport, TV, Facebook - what ever.

Ganz schön traurig, oder?

Wir sind der einzige Mensch, der uns ein Leben lang begleitet. Überall hin. Wir können nicht vor uns fliehen im Gegenteil, wir sollten die Liebe unseres Lebens sein. Und dann gehen wir so mit uns um?

Ich habe irgendwann angefangen hinter jede Art der Selbstbeschimpfung das Wort „Schatz“ zu hängen. Dadurch bekamen die Gedanken wieder eine ganz andere Energie. Ich durfte weiterhin glauben, dass ich etwas falsch gemacht habe (wie gesagt, alles andere hätte ich mir in der negativen Gedankenschleife sowieso nicht abgenommen), aber durch ein „Schatz“ bekam das Ganze doch wieder etwas Liebevolles. Und ich musste manchmal richtig lachen.

Klingt extrem crazy? Ist es vielleicht auch, macht aber wirklich Spaß!

Und inzwischen gibt es nur noch ganz wenige Momente, in denen ich mich klein mache. Denn egal, was ich tue, ich bin ein Schatz mit all meinen Schwächen und all meinen Stärken und das Leben ist voller Dinge, die ich noch erfahren will. Und dabei geht es absolut nicht darum, alles „perfekt“ zu machen.


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